Das Thema der heutigen News sollte die derzeitige Situation am Davoser Wohnungsmarkt sein. Grade eben hat uns jedoch folgende Eilmeldung erreicht: Wie aus gut unterrichteten Stockholmer Kreisen zu erfahren war, hat das Nobel-Komitee den us-amerikanischen Präsidenten „Double-U“ für den Ehrenpreis „gefährlichster Mann der Welt“ nominiert. Er konnte sich damit in einem Kopf-an-Kopf-Rennen gegen einen scharfen Konkurrenten aus dem Zweistromland behaupten. Der Preis ist mit 10.000 Jahren Einzelhaft dotiert.
Glücklicherweise bekommt man im Schweizerländle nicht allzu viel von der Welt mit. Dies vereinfacht die Beibehaltung des neutralen status quo ungemein. In Ermangelung eines Fernsehers kann ich an dieser Stelle natürlich nur über das schweizer Radio urteilen. Dieses unterstützt die hinterbänklerische Sicht auf diese Welt durch das konsequente Zurückhalten von Nachrichten. Man kann sich darauf verlassen, dass es hier zur vollen Stunde KEINE Nachrichten gibt. Als ich vor kurzem durch Zufall auf eine abendliche Nachrichtensendung stiess, handelte es sich um eine Widerholung von mittags. Wer allerdings auf übelsten Soft-Pop der 80er Jahre steht, dem lege ich DRS3 wärmstens an Herz. Die Idole meiner Jugend (?) wechseln sich hier mit moderner (?) Ureinwohner-Musik ab (von Heidi-Gejodel bis DJ PoPo). Super! Zurück zum Thema: Nachdem die Schweiz als erstes Land der Erde ein Einreise-Verbot für Saddam und seine Sippe verhängt hatte, konnte ich mich ruhigen Gewissens nach einer Wohnung umsehen. Allerdings sind die Gepflogenheiten hier etwas anders als bei uns in Deutschland (was für eine Überraschung!)
1. Wenn ein Schweizer eine Wohnung zu vermieten hat, setzt er kein Inserat in eine Zeitung, sondern durchkämmt die lokalen Supermarkt-Aushänge auf der Suche nach jemandem, der eine Wohnung sucht. So hat er den ganzen Tag etwas zu tun, und muss sich nicht mit dem Renovieren seiner Räumlichkeiten auseinandersetzen.
2. Aufgrund von restriktiven Zollbestimmungen dürfen in die Schweiz keine Zollstöcke importiert werden. Daher wissen Schweizer nicht, wie gross ihre Wohnungen sind. Frage also nie nach ominösen Quadratmeter-Angaben!
3. Um die sowieso schon horrenden Mietpreise nach oben abzurunden, wird jeder Winkel der Wohnung, in den man rein hypothetisch einen Tisch oder Stuhl stellen könnte, als „halbes Zimmer“ deklariert. Ich habe jedoch auf meiner Suche kein einziges mal diese Phantom-Zimmer gefunden.
4. Vom Thema Renovieren haben die meisten Besitzer so viel Ahnung, dass sie noch nicht einmal wissen, wie man dieses Wort schreibt. Entsprechend sehen die Wohnungen aus. Wie schön ist es, seine heruntergekommene Wohnung trotzdem zu immensen Summen vermieten zu können. Versuchen Sie’s selbst. Es klappt!
5. Um die Höhe der meinerseits zu erwartenden Mietbelastung abzuschätzen, verweise ich auf Punkt 4 der Grischa News vom 16.03.2003.
Trotz aller Widrigkeiten habe ich inzwischen eine gemütliche Behausung gefunden, die wir im Mai beziehen können. Hier heisst das umziehen zwar „zügeln“, doch zügeln konnte ich meine Freude über das anstehende Kisten-packen und -schleppen nur schwer. Dafür werden wir mit einer gigantischen Aussicht auf das Berg-Panorama belohnt. Keine Sorge, die Wohnung ist gross genug, um Freunde, die sich in die Alpenwelt verirrt haben, zu beherbergen. Wir werden im Entree ein Sekretariat zur Termin-Koordination einrichten. Und vor der Nachbarschaft braucht man sich nicht zu fürchten, weil es hier keine Despoten, Dikatoren und „Double-U“s gibt. Obwohl der schweizer Wohnungsmarkt und die us-amerikanische Politik erschreckende Parallelen aufweisen: Beide wissen nicht genau, um wie viel es eigentlich geht, aber der Preis, den der Gegner zahlen muss, ist hoch – sehr hoch!