Option Bildbearbeitungs-Service?

Gibt es Fotografen, die ihren Kunden unbearbeitete Bilddaten überlassen? Ja, bestimmt – und diese fallen in erster Linie durch ihr ganz besonders professionelles Auftreten und ihre besonders billigen Preise sofort auf. Nichts wie hin, liebe Kunden! Sie können die Fotos ja getrost später mal selbst bearbeiten, dazu gibts doch Word. Eigentlich könnte man die sogar direkt so verwenden, das geht noch einfacher und man erkennt doch, was auf dem Bild drauf ist.

OK, lassen wir den Sarkasmus beiseite. Schon seit Jahr und Tag lautet meine Devise, dass Kunden ausschliesslich nachbearbeitete, sprich optimierte Fotos erhalten. Alles andere wäre unprofessionell. Dabei sind die Möglichkeiten, die eine moderne Bildverwaltung wie Lightroom bietet, umfassend und bequem. Optimale Ergebnisse zu erzielen ist also keine Hexerei. Scheinbar besteht aber dennoch ein großer Bedarf an Hilfe auf diesem Gebiet – so erhalte ich seit langer Zeit immer wieder Werbe-Emails, die unterschiedliche Bildbearbeitungs-Dienstleister anpreisen. So kam ich auf den Gedanken, diesen Service einmal zu testen – immerhin könnte man angesichts der vermeintlich moderaten Preise durchaus überlegen, diesen Bereich der Post-Production auszugliedern. Eine einfache Recherche im Internet brachte mir als Ergebnis einige Firmen, die ich um einen Testlauf gebeten habe. Selbstverständlich wollte ich diesen Dienstleistern eine RAW-Datei übermitteln – denn nur in diesem Format werden die Pixel unbearbeitet und in höchster Qualität gespeichert. Leider stellte sich schon an diesem Punkt heraus, dass mein Profi-Ansatz nicht zu der Philosophie dieser Unternehmen passte. Lediglich „123 Bildbearbeitung“ akzeptiert RAW-Daten. Lesen Sie alle Ergebnisse inklusive der Bildresultate nach dem Klick!

Die Firma „RedEyes“ antwortete mir als einzige gar nicht. „ProfiMasking“ lehnte meine Anfrage freundlich ab – mit der allerdings zweifelhaften Aussage, es hätte sich gezeigt, dass nicht alle Probebearbeitungen auch zu Aufträgen geführt hätten. Na, sowas! Kann man als Dienstleister nicht etwa erwarten, dass Kunden die Katze im Sack kaufen? Naja, das muss jeder selbst wissen. Alle anderen Anbieter antworteten freundlich, riefen mich zurück und erfragten meine gezielten Wünsche hinsichtlich der Bearbeitung. Ich versuchte, diese so vage wie möglich zu halten, um den „Stil“ der Bildbearbeitung möglichst unverfälscht sehen zu können. Das Foto, dass ich zur Testbearbeitung ausgesucht hatte, stammt aus einer unlängst erstellten Produktion – ich habe es bereits in meinem Beitrag Portrait-Tipps: Gegen den Knick in der Optik erwähnt und gezeigt, wie ich es selbst als Urheber optimiert habe (zugegeben etwas stärker nachbearbeitet als üblich). Die Anbieter erhielten von mir ein JPEG, das ich ohne weitere Nachbearbeitungen aus der RAW-Datei mittels Lightroom exportiert hatte. Meine Eindrücke im einzelnen:

Clipping24“ waren die Schnellsten, ich erhielt eine TIFF-Datei zurück, die im professionellen Farbraum „Adobe RGB“ vorlag. Insgesamt wirken die Farben homogen und lebendig, die Haut wurde allerdings relativ stark geglättet und das Bild insgesamt recht stark scharfgezeichnet. Die Hauttöne wirken dadurch etwas „flau“. Die Reflexe auf der Brille wurden fachmännisch entfernt. Der etwas ungleichmässige Farbverlauf im Hintergrund wurde nicht bearbeitet.
Bildschliff“ waren diejenigen, die am längsten für das Resultat brauchten, hier erhielt ich allerdings eine schöne JPEG-Datei zurück, die mir aufgrund der neutralen, wenn auch etwas gedämpfen Farbgebung ganz gut gefiel. Das Bild ist kontrastreich, die Haut wurde subtil geglättet. Das Foto erzielt durch den Kontrast eine gute Wirkung, die Qualität in der 100%-Ansicht lässt aber erkennen, dass doch feine Details kaputtbearbeitet wurden und unscharf wirken. Leider sind auch die Reflexe auf der Brille nicht besonders gut bearbeitet, so fand sich ein doppelter, kopiergestempelter Brillenbügel im Auge. Auch „Bildschliff“ hat den Hintergrund nicht weiter bearbeitet.
Picstar24“, die als Dritte lieferten, schickten mir eine utopisch große Photoshop-Datei mit sämtlichen Einstellungsebenen. Das ist interessant, weil ich so die Bearbeitungsschritte nachvollziehen (und eventuell verändern) kann, unpraktisch aber, wenn ich die bearbeiteten Fotos auf direktem Wege meinen Kunden weitergeben will. Das Resultat ist sehr dunkel, der Anzug der Person „säuft ab“ und es herrschen insgesamt kühle, ins bläuliche kippende Farben vor. Das ist für den Abgebildeten eher unvorteilhaft, denn er sieht kränklich aus. Der Verlauf im Hintergrund wurde wohl leicht überarbeitet – allerdings nicht besonders professionell. Gut war hingegen die Bearbeitung der Haut: Sie ist kaum sichtbar, dennoch wirkt der Teint glatt und sauber. Dabei blieb eine gute Bildschärfe erhalten. Die Reflexe auf der Brille wurden nicht komplett beseitigt, farblich aber dem Hautton angepasst und fallen daher nicht sonderlich auf. Diesen Ansatz verfolge ich selbst oft bei der Bildbearbeitung.
123 Bildbearbeitung“ waren die Zweitschnellsten und die einzigen, die meine RAW-Datei bearbeiteten. Zu meiner großen Verwunderung erhielt ich allerdings eine Datei zurück, die im eingeschränkten Farbraum „sRGB“ vorlag. So speichere ich selbst Dateien ab, die ausschliesslich im Internet verwendet werden, für professionelle Fotos taugt der Farbraum aber nicht. Das Ergebnis gefällt mir am wenigsten: Insgesamt wirken die Farben kühl, mit einem deutlichen Rot-Stich. Das Foto, insbesondere die Haut, ist sehr hell und „frisst aus“. Die Brillenreflexe wurden gut beseitigt und die Bearbeitung der Haut ist balanciert. Dieser Service war der einzige, der den suboptimalen Farbverlauf des Hintergrunds komplett überarbeitet hat – bravo!

Fairerweise muss ich dazu sagen, dass jeder der Anbieter mir im Gespräch versichert hat, auf mein Feedback einzugehen und die Bearbeitungen meinen Wünschen anzupassen. Hinsichtlich einer weiteren Zusammenarbeit wäre es so wohl möglich, bessere Ergebnisse zu erhalten und ein „Profil“ meiner Anforderungen zu erstellen. Für´s erste bin ich unschlüssig, ob ein Bildbearbeitungs-Service für mich eine Alternative darstellt. Die Ergebnisse fallen sehr unterschiedlich aus, und bis auf die Resultate von „Clipping24“ und „Bildschliff“ (trotz ihrer Diskrepanz) würde ich keines meinen Kunden liefern wollen. Abschliessend erfragte ich bei den Dienstleistern, welche Kosten für die Bearbeitung angefallen wären, falls dies ein offizieller Auftrag gewesen wäre. „Bildschliff“ hätte ca. 15,50 € netto berechnet, „123-Bildbearbeitung“ etwa 6,- € – die übrigen blieben bisher eine Antwort schuldig. Bei einem üblichen Shooting von Businessportraits liefere ich etwa 20 Fotos beim Kunden ab. So würde mich das „outsourcen“ der Bildoptimierung zwischen 120,- € bis 310,- € kosten – Preise, die ich in diesem Umfang meinen Kunden nicht weitergeben könnte, und genau so wenig auf die eigene Kappe nehmen möchte. Bleibt für mich momentan also nur fest zu halten, dass sich die Option Bildbearbeitungs-Service für komplette Shootings nicht rechnet. Zur gezielten Nachbearbeitung einzelner „Starfotos“ könnte man den Service in Erwägung ziehen, meines Erachtens stehen die Kosten jedoch in keinem Verhältnis zur Leistung, denn „Starergebnisse“ kamen allesamt nicht heraus. Schade.

Bitte beachten Sie beim Betrachten der Fotos, dass diese aus einer 12-Megapixel-DSLR-RAW-Datei bzw. den einzelnen Resultaten auf 500 Pixel Breite bei 96dpi Auflösung heruntergerechnet wurden. Details und Schärfe sind daher nicht vollumfänglich vergleichbar.

Dies ist die originale JPEG-Datei, die bearbeitet werden sollte
Das Ergebnis von Clipping24
Das Ergebnis von Bildschliff
Das Ergebnis von PicStar24
Das Ergebnis von 123-Bildbearbeitung

PS: Nicht vergessen möchte ich, mich bei den genannten Bildbearbeitern fürs Mitmachen zu bedanken! Ihre Mitwirkung hat mir einen interessanten Einblick in die Materie verschafft und zu einem spannenden Prozess des Vergleichens und Abwägens geführt. Ich wünsche Ihnen allen viel Erfolg mit Ihrem Angebot!

Kategorien Photographie

4 Kommentare zu „Option Bildbearbeitungs-Service?

  1. Ich denke einmal hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Auch wenn unser Unternehmen hier nicht getestet worden ist, so möchte ich doch eine Lanze für meine Kollegen brechen:
    Freistelldienstleistungen sind in der Regel Budget-Dienstleistungen, die auf einfachem Sachbearbeiterniveau durchgeführt werden. Standardarbeiten wie das Freistellen, sowie Standardretuschen (Flecken, Kratzer) können hierüber sehr präzise und sauber durchgeführt werden. Hochprofessionelle Retuschearbeiten, die individuelle Instruktionen erfordern und gefühlvoll von einem erfahrenen Grafiker durchgeführt werden müssen, können niemals zum selben Ergebnis führen wie man es selbst gemacht hätte. Zum Einen gibt es hier ja keine allumfassenden Regeln und Richtlinien für die „korrekte“ Bearbeitung, zum Anderen sind solche Aufgaben immer auch sehr stark geschmacksorientiert. Entsprechend klammert unser Unternehmen auch grundsätzlich geschmacksorientierte Bildbearbeitungsaufgaben aus seinem Portfolio aus, denn das wird sonst schnell zu einem Fass ohne Boden. Eine alte Fotografenweisheit besagt, dass es „das perfekte Bild“ nicht gibt und sich an jedem Bild immer noch etwas verbessern lässt. Entsprechend dem Pareto-Prinzip ufern aber mit steigenden Anforderungen zwangsläufig auch die Kosten sehr schnell aus.
    Fazit: Perfektion zum Billigtarif gibt es nicht – Freistelldienstleister leisten oftmals sehr gute und preisgünstige Arbeit, wenn man als Auftragsgeber dafür gewisse Prämissen eingehen kann.
    Entsprechend hat sowohl der hochpreisige Profifotograf mit Perfektionsanspruch (der seine Bilder lieber selbst bearbeitet), wie auch der günstigere Anbieter für die breite Massenbildbearbeitung seine Daseinsberechtigung.

  2. Vielen Dank, Herr Preißner, für Ihre detaillierten Ausführungen. Was die subjektive, geschmacksorientierte Bildbearbeitung angeht, haben Sie sicherlich recht.
    Wenn ich mich richtig erinnere, ging es bei meinem Test in erster Linie darum, zu eruieren, ob ich als Profifotograf die Nachbearbeitung meiner Fotos einem externen Unternehmen überantworten kann oder nicht. Mein Fazit: Gemessen an den erbrachten Leistungen sind auch die von Ihnen als „Budget“-Preise bezeichneten Kosten zu hoch – und einem Kunden nur schwer vermittelbar. Als man noch analog fotografierte, unterschied man selbstverständlich zwischen Fachlabor und Drogerie-Abzügen. Dieses Qualitätsempfinden traue ich auch heute noch meinen Kunden zu. Daher habe ich für mich entschieden, die Nachbearbeitung meiner Fotos auch weiterhin selbst vorzunehmen. Nichtsdestotrotz mag die von Ihnen und anderen Marktbegleitern angebotene Dienstleistung ihre Daseinsberechtigung haben 😉

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