Vor Kurzem las ich zwei ausführliche und interessante Beiträge, die sich mit der Frage auseinandersetzten, ob man als Fotograf nicht-honorierte Aufträge annehmen sollte oder nicht. Ich muss zugeben, dass ich selbst noch von keinem Unternehmen mit der Bitte um kostenlose Fotos kontaktiert wurde – sehr wohl aber mit deutlichen und vollkommen unrealistischen Budgetvorstellungen. Es gibt darüber hinaus auch eine Vielzahl von Situationen, in denen von mir als Fotograf die Übernahme der Dokumentation von Ereignissen – teils unausgesprochen – erwartet wird. Mit diesen Zeilen möchte ich Ihnen als potenziellem Auftraggeber verständlich zu machen, warum ich kommerzielle Aufträge nicht honorarfrei übernehme.
Wer keine Geduld hat, weiter zu lesen: Es ist schlichtweg absurd. Niemand kann – weder privat, noch im geschäftlichen Umfeld – die Erbringung einer Leistung oder die Überlassung eines Produkts ohne Gegenleistung erwarten. Nicht von seinem Klempner, nicht im Supermarkt, nicht vom Flotten-Ausrüster, nicht von einem Fotografen. Ihre Geschäftspartner haben ihrerseits finanzielle Verpflichtungen, denen sie nachkommen müssen, sie investieren ihrerseits in Werbung, Arbeitsmittel oder Fortbildung. Erbringen diese Geschäftspartner nicht-honorierte Leistungen, investieren sie darüber hinaus einen erheblichen Betrag in die alltäglichen Ausgaben – sprich, sie verzichten nicht nur auf ein Honorar, sondern bezahlen ihre Versicherungen, Mieten oder Kredite aus eigener Tasche obendrauf. Wenn Sie als Auftraggeber gerne mit Partnern zu tun haben, denen jegliches wirtschaftliches Denken abhanden gekommen ist und die nicht darauf angewiesen sind, von ihrer Arbeit zu leben, können Sie natürlich versuchen, einen kostenlos arbeitenden Fotografen zu finden. Ich würde jedoch davon abraten. Nicht nur, dass solche Personen wenig vertrauenswürdig erscheinen – Sie sollten sich auch darüber klar sein, dass ein solcher Dienstleister eben auch nichts zu verlieren hat, wenn er eine schlechte oder gar keine Leistung für Sie erbringt.
Gerne wird von Auftraggeberseite die öffentliche Exposition, die Erfahrungssammlung oder die gute Referenz durch kostenfrei ausgeführte Aufträge betont. Ich möchte entgegnen: Wer als Fotograf Übung braucht oder experimentieren will, findet dazu sehr einfach Möglichkeit, dies aus eigenem Antrieb heraus zu tun. Freie Arbeiten unterscheiden sich in Gestus und Wertschöpfung jedoch erheblich von kommerziellen Arbeiten. Auch die Darstellung in der Öffentlichkeit ist in der vernetzten Welt von Instagram und Twitter kein Problem mehr.
Diese in aller Kürze skizzierten Gründe schließen keineswegs ein „Sponsoring“ aus – wenn es einem gemeinsamen, guten Zweck dient. Daher arbeite ich beispielsweise seit Jahren mit und für den Lions-Club und habe wiederholt kostenlose Fotos produziert. Auch privat gibt es immer Personen, denen man einen Wunsch eben nicht abschlagen kann (allerdings bin ich auch hier eher zurückhaltend und biete ggf. einen Rabatt an, um den Wert meiner Arbeit kenntlich zu machen).
Sollten Sie Interesse haben, noch tiefer in das Thema einzusteigen, lesen Sie den Eingangsartikel Photography For Free, All The Cool Kids Are Doing It sowie die Erwiderung darauf, My Response To Free Work.