Analog-Bashing

Erst vor wenigen Tagen habe ich hier einen Beitrag veröffentlicht, der sich mit der Wahrnehmung von analoger Fotografie durch die heutige Jugend befasst. Meines Eindrucks nach steht dieser diametral der Auffassung gegenüber, dass auch vor Erfindung der Digitalkamera höchst professionelle, perfekte Fotografie möglich war. Ich will hier nicht sagen „unversöhnlich“, denn aus den Beiträgen von Hannah Lush und jetzt Gianni Caretta spricht Leidenschaft und Liebe zur Fotografie. Gianni Caretta hat grade auf Kwerfeldein eine „Liebeserklärung an den Film“ veröffentlicht. So sehr ich die Begeisterung für film-chemisch entstandene Fotos teile, macht mich hier erneut etwas stutzig:

Ein misslungener Fokus oder eine fehlende Schärfe in einer analogen Aufnahme sind für mich, je nach Motiv, nicht so störend wie bei einer digitalen. Für mich ist eine Aufnahme dann schön, wenn ich sie länger betrachten kann und sie eine bestimmte Wirkung auf mich hat, ein bestimmtes Gefühl auslöst. Oft sind es sogar diese kleinen Makel, die ein analoges Bild für mich am Ende zu dem machen, was es ist, nämlich ein einziger Moment, den ich festgehalten habe, so wie ich ihn in diesem Augenblick gesehen und gespürt habe, ohne zu versuchen, ihn im Nachhinein zu perfektionieren.

Analoge Fotos sind meiner Ansicht nach ein „anderes Medium“ als Digitalfotografie. Sie haben mitnichten Makel, sondern ganz eigene, authentische Vor- und Nachteile (ebenso, wie digitale Fotos). Natürlich werden Dias und Negative im heutigen digitalen Workflow gescannt und im Nachhinein perfektioniert, und ich sehe darin auch keine Ehrverletzung. Und ich möchte alle, die sich mit dem Fotografieren befassen, dazu ermutigen, sich grundsätzlich mit dem Erspüren des Augenblicks zu befassen, der dafür sorgt, dass man das Foto hinterher länger betrachten und auf sich wirken lassen kann 😉 Diese Bewusstmachung ist nicht von der verwendeten Kameratechnik abhängig, sondern von der eigenen Einstellung. Wenn antike Kameras und selbstentwickelte Filme dabei helfen, weniger zu knipsen und mehr zu gucken, dann darf das selbstverständlich so sein!

Kategorien Kultur, Photographie, SpielzeugSchlagwörter , , , , ,
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