Oliviero Toscani, der renommierte italienische Fotograf und Provokateur, ist diese Woche im Alter von 82 Jahren gestorben. Toscani, geboren am 28. Februar 1942 in Mailand, hinterlässt ein Erbe als einer der einflussreichsten und kontroversesten Fotografen seiner Zeit.
Toscanis Karriere war geprägt von seiner unerschrockenen Bereitschaft, gesellschaftliche Tabus zu brechen und soziale Missstände anzuprangern. Seine Arbeit für die Modemarke Benetton in den 1980er und 1990er Jahren revolutionierte die Werbebranche und nutzte kommerzielle Plattformen, um auf drängende soziale Probleme aufmerksam zu machen. An die bekannten Motive kann ich mich gut erinnern – Priester und Nonne küssen sich, dunkelhäutige Frau säugt weißen Baby, blutige Klamotten eines erschossenen Bürgerkrieglers.
Seine Kampagnen behandelten Themen wie Rassismus, AIDS, Krieg und Armut. Besonders kontrovers waren Bilder wie das einer schwarzen Frau, die ein weißes Baby stillt, oder Porträts von zum Tode verurteilten Gefängnisinsassen. Toscani sah sich selbst als Aufklärer und nutzte die Werbung als Mittel, um gesellschaftliche Diskussionen anzuregen.
Toscanis Ansatz war nicht ohne Kritik. Viele warfen ihm vor, ernste soziale Themen für kommerzielle Zwecke auszunutzen. Auch vonseiten des Benetton-Konzerns kam zunehmend deutliche Kritik, die Zusammenarbeit wurde eingestellt. Doch Toscani blieb seiner Überzeugung treu: „Wenn Kunst nicht provoziert, macht sie keinen Sinn. Ein Künstler muss Interesse provozieren, Denken, Wut“, sagte er noch 2024.
Bis zuletzt blieb Toscani seiner Mission treu, Missstände anzuprangern. Selbst als er an einer seltenen Krankheit erkrankte, nutzte er die Gelegenheit, um auf die Krankheit aufmerksam zu machen, indem er sich selbst abgemagert und ausgemergelt fotografieren ließ.
Oliviero Toscani hinterlässt ein Vermächtnis als Fotograf, der die Grenzen zwischen Kunst, Werbung und sozialer Kritik verwischte. Seine Arbeit wird weiterhin Diskussionen anregen und als Beispiel dafür dienen, wie visuelle Medien genutzt werden können, um gesellschaftliche Veränderungen voranzutreiben. Ein Aspekt, der inzwischen eher selten in der Werbung anzutreffen ist – sehen heutzutage die meisten Werbefotos doch eher nach heiler Welt, schnittigen Erfolgsmenschen oder computergeneriertem Murks aus.
Die Illustration zu diesem Beitrag habe ich auf die schnelle selbstgebastelt. Ich klaue keine Fotos. Das Bild habe ich in den Slums von Manila fotografiert. Beiträge zum Tod von Toscani finden sich z.B. auch beim schweizerischen SRF oder bei der ZEIT.


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