Till Erdmenger – Businessfotos | Blog

Artlog: Süß-Sauer vs. Schwarz-Weiß

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Ich bin ganz analog, im echten Leben, vor kurzem in Japan und Korea gewesen. Unsere Reise nach Asien war zunächst von der langen Anreise und dann vom drückend heißen Wetter dort geprägt. Gnadenlos sängt die südostasiatische Sonne auf die vielen Schirme, die sich mit Tagesanbruch zum Schutz entfalten. Bei 36 bis 38 Grad und schwüler Feuchtigkeit sind die Getränkeautomaten, die man alle paar Meter entlang der Straße findet, Gold wert. Schwieriger wird es, die zahllosen Plastikfläschchen, die man in Windeseile ansammelt, wieder los zu werden – denn öffentliche Mülleimer sucht man dort vergebens. Dass das Straßenbild in Japan dennoch ausgesprochen sauber ist, verdanken wir der tief verwurzelten Etikette, die es gebietet, seinen Müll mit nach Hause zu nehmen. Die sprichwörtliche Höflichkeit der Japaner ist auffallend, man wird aber auf Schritt und Tritt von Plakaten mit Verhaltensregeln, freundlichen Hinweisen und Megafon-behängten Hilfsarbeitern gegängelt. Das hinterlässt süß-saure Gefühle, die das eher mittelmäßige, extrem fisch- und fleischlastige Essen auch nicht aufwiegen kann.

Es ist nicht meine Absicht, hier einen detaillierten Reisebericht zu verfassen, aber um die Motive, die ich unten zeige, einzuordnen, sind ein paar Randnotizen hilfreich. Unsere Reise führte uns auf die EXPO in Osaka und weitere Großstädte im Süden Japans, bevor wir für einige Tage nach Südkorea weiterreisten. Aus europäischer Perspektive sind die beiden Länder sich ähnlich und unterscheiden sich in einigen Facetten von unseren Gewohnheiten. In den Großstädten erlebten wir einen Überschwang an bunter Reklame, häufig auf riesigen Bildschirmen, die ganze Fassaden füllten. In den Supermärkten fühlt man sich hilflos verloren, weil alle Produkte quitschbunt verpackt sind und man keine Vorstellung davon hat, was da eigentlich angeboten wird. Die Restaurants stellen Plastikimitate ihrer Speisen aus – ansonsten ist man auf Übersetzung-Apps angewiesen, um sich zurecht zu finden. Neben gewaltigen Hochhäusern ducken sich hölzerne Tempelanlagen – von denen wir gefühlt fast alle besichtigt haben. Die traditionellen Holzkonstruktionen sind selten wirklich alt, weil sie zu häufig niedergebrannt sind. In der Regel werden sie aber stets traditionell wieder aufgebaut.

Südkorea fühlte sich im Unterschied zu Japan etwas „normaler“ an – hier sind Höflichkeit, Zurückhaltung und Sauberkeit ein paar Grad zurückgeschraubt und ähneln eher unseren Standards. Was mich in beiden Ländern – die oft als ultramodern und technologiebesessen wahrgenommen werden – wunderte, waren die scheinbar niedrigen ökologischen Anstrengungen im Hinblick auf Ressourcenschonung, Dämmung oder Müllvermeidung. In Japan haben wir kein einziges Elektroauto gesehen, auch in Korea nur wenige. Dafür kommt jeder Zug und jede U-Bahn auf die Sekunde pünktlich und man kann den Popo auf der beheizten Brille in vielfacher Variation einer Unterbodenspülung unterziehen.

Bevor ich mich in weiteren Details verliere, die niemanden interessieren, ergänze ich andere Details, die niemanden interessieren: Ich hatte meine Fuji GS645 Pro dabei, eine japanische Mittelformatkamera aus den frühen 1980er Jahren. Ich liebe diese Kamera, weil sie kompakt genug für Reisen ist und mit dem exzellenten 75mm-Objektiv knackscharfe Rollfilm-Negative produziert. Der Film der Wahl war mein liebster Allrounder Ilford FP4, den ich diesmal auf 200 ASA gepusht habe. Mit meinem Rezept für Caffenol P1 klappt das vollkommen problemlos. Allerdings werde ich noch alternativ austesten, mit welchen (wahrscheinlich kürzeren) Entwicklungszeiten ich in Caffenol CM auf eine entsprechende Empfindlichkeitssteigerung komme. Gescannt mit Epson V700 und Vuescan, konvertiert mit Negative Lab Pro.

Genauso wie mit meinen Fotos aus Marokko plane ich, die Bilder aus Asien irgendwie sinnvoll zu verwenden. Neben meiner Agentur Plainpicture in Hamburg und meinem Youtube-Kanal schwebt mir derzeit eine Veröffentlichung als Buch vor. Mal sehen, was daraus wird 😉

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