Till Erdmenger – Businessfotos | Blog

Analogfotografie has the Blues

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Lomography hat in den vergangenen Jahrzehnten nicht wenig Einfluß auf die analoge Fotografie gehabt. Die Geschichte von Lomography begann 1991, als eine Gruppe Wiener Studenten in Prag die sowjetische Kompaktkamera Lomo LC-A entdeckte. Faszinierend waren die durch die einfache Bauweise entstehenden besonderen Bildeffekte wie Vignettierung und Unschärfe, die schnell eine Fangemeinde gewannen. 1992 gründeten die Studenten die Lomographic Society International (LSI) in Wien und veröffentlichten die zehn goldenen Regeln der Lomografie, die zu einer kreativen Bewegung führten. Die LSI fing an, diese Kameras und spätere eigene Modelle weltweit zu vertreiben und veranstaltete Ausstellungen. Mit dem Ausbau von Online-Community und Shops ab 1994 sowie der Eröffnung von Lomography-Stores seit 2001 wuchs die Marke stetig weiter. Lomography steht für experimentelle, analoge Fotografie und eine bewusste Abkehr von makelloser Digitalfotografie zugunsten von ungezwungenen, spontan entstandenen Bildern.

Seit vielen Jahren prägt Lomography mit seinem Filmangebot auch die Art, wie analoge Farbfotos aussehen. Metropolis, LomoChrome Turquoise oder Purple – diese Filme zeichnen sich durch prägnante Falschfarben aus. Im Sinne der Lomographie unterstützen sie die experimentelle Fotografie jenseits von digitaler Perfektion.

Screenshot von Lomography.com

Zugleich bedeutet Lomographie auch eine riesige Community – und das Unternehmen hat nun den Pool von Bildern, die in dieser Gemeinschaft seit rund 15 Jahren geteilt wurden, ausgewertet. Das Ergebnis: Analoge Fotos sind heute überwiegend monochrom oder blau. Das verwundert zunächst nicht, denn der Hersteller verkauft ja auch Falschfarbenfilme mit geringer Sättigung. Oder Schwarzweiß-Filme.

Der originale Beitrag von Lomography ist aber dennoch interessant, weil er einen Abriß über die Entwicklungen und Veränderungen der Farbgebung in der analogen Fotografie gibt. Er geht historisch zurück auf die Grundlagen des Farbverständnisses und erläutert, wie sich Farbe in der Fotografie entwickelt hat – vom ersten Schwarzweißfilm 1889 über die Einführung der Farbfotografie mit dem Autochrome-Verfahren bis zum kommerziellen Durchbruch von Kodachrome 1935, das die Farbaufnahme durch das subtraktive Farbverfahren ermöglichte.

Die Farbpalette blühte in der Mitte des 20. Jahrhunderts auf, und mit der massenhaften Verbreitung von Farbfilm spätestens in den 1980ern begannen Fotografen auch experimentellere Farb-Ästhetiken zu verfolgen, wie das Cross-Processing mit kräftiger Sättigung und surrealen Farbverschiebungen. Die Lomography-Community spiegelt diese Experimente mit ihren Filmen wider.

Seit 2010 ist in der Lomography-Community jedoch eine Abnahme auffälliger, lebendiger Farben in Fotos erkennbar, stattdessen gewinnen dunklere und monotone Töne an Bedeutung. Gründe dafür sind u.a. veränderte Labortechniken mit generischen Scans (statt filmspezifischer Profile), digitale Scanprozesse, die Farben verschieben können, ein Boom der Sofortbildfotografie mit niedriger Sättigung und charakteristischen Eigenschaften wie grobkörnigem Bild und weißem Rand, sowie die veränderte Verfügbarkeit und Zusammensetzung von Filmen, die klassische, neutrale Töne bieten. Hinzu kommt die steigende Popularität von Schwarzweißfilmen, die seit 2018 öfter genutzt werden und im Vergleich zu Farbfilm häufig kostengünstiger sind.

Abschließend wird die These aufgegriffen, dass die Welt insgesamt monochromer wird – ob durch Design, Produkte oder Mode. Der Beitrag feiert die Vielfalt und Freiheit der analogen Fotografie und lädt ein, den eigenen Stil zwischen kräftigen Farben und kühlen, gedämpften Tönen zu finden. Ich bin da eher nicht dabei – ich liebe Schwarzweiß-Film und habe vor, diesem Stilmerkmal meiner Fotoprojekte treu zu bleiben 😉

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