Till Erdmenger – Businessfotos | Blog

Ein bunter Strauß Filme

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Als ich heute bei Petapixel die Meldung sah, dass Kodak einen neuen Film – den Kodacolor 100 – einführen wird, habe ich mich gefreut wie zu Weihnachten. Nicht, weil ich so ein großer Farbnegativ-Fan bin, sondern weil ich mich sehr freue, dass die bunte Welt der Analogfilme noch immer (oder wieder) so aktiv ist.

Wir müssen uns das mal auf der Zunge zergehen lassen: Ohne Analogfilme könnten wir unzählige Kameraschätze gar nicht mehr verwenden. Das wäre für jeden Foto-Enthusiasten die absolute Agfakalypse oder Kodastrophe. Mit einem Wisch wäre alles Fujikato, was eben noch wertvoll gehandelt, professionell geserviced und liebevoll behütet wurde.

Obwohl ich keine genauen Zahlen gefunden habe, deuten die groben Schätzungen der verkauften Filme das Problem an: Während Ende der 90er Jahre weltweit ca. 2 Milliarden Filme verkauft wurden, waren es um 2010 noch 200 Millionen, aktuell sind es eher 20 bis 50 Millionen pro Jahr. Es ist also längst kein einträgliches Geschäft mehr für die Hersteller und wir erinnern uns in diesem Zusammenhang natürlich an die wiederholten Kodak-Pleiten.

Die Auswahl von Unternehmen, die heute noch Filme herstellen, ist deshalb recht überschaubar: Da sind natürlich Eastman Kodak und Kodak Alaris in den USA, die Farb- und Schwarzweißfilme in noch immer großem Maßstab produzieren. Harman Technology (UK) ist noch immer Hersteller der legendären Ilford-Schwarzweißfilme und entwickelt grade neue Farbnegativ-Emulsionen („Phoenix“ und „Phoenix II“). Ob Fuji noch selber Film herstellt, wird bezweifelt – vermutlich kauft die Firma inzwischen Filmmaterial bei Kodak ein. Dann gibt es ORWO/Filmotec in Deutschland – aus Wolfen kommen Schwarzweiß- und zunehmend auch Farbfilme. Der tschechische Hersteller Foma produziert noch immer Schwarzweißfilme, der chinesische Produzent Lucky hat neue Farbfilme angekündigt, Svema in der Ukraine produziert möglicherweise noch – was aber situationsbedingt schwer nachzuvollziehen ist. Bei Film Ferrania in Italien ist es mir momentan unbekannt, ob noch oder wieder produziert wird – die Meldungen sind widersprüchlich. Bei Agfa Gaevert in Belgien werden noch Filme für den industriellen Bereich gefertigt und mit Inoviscoat in Monheim gibt es einen weiteren Produzenten in Deutschland, der unter anderem die Filme für Adox herstellt.

Wer in die Shops guckt, wo man analoge Filme kaufen kann, findet natürlich noch jede Menge anderer Marken wie Lomo, CineStill oder Rollei. Bei diesen Filmen handelt es sich in aller Regel um Material, dass einfach unter anderem Namen verkauft wird, eigentlich für die Verkehrsüberwachung oder Luftbild-Fotografie entwickelt oder ursprünglich für die Produktion von Kinofilmen auf großen Spulen hergestellt und dann umgespult wurde. Da geht der Spaß dann richtig los, wenn man die wilden Spekulationen und Gerüchte verfolgt: Welcher Film entspricht welchem anderen? Beispiele: CineStill verkauft Kodaks Kinofilm, bei dem sie den Remjet-Layer entfernt haben, damit die Filme im klassischen C-41-Prozeß entwickelt werden können. In Rollei-Packungen steckt wahlweise ORWO, Harman oder Agfa Gaevert. Lomo labelt ORWO, Foma und Kodak-Film mit fantasievollen Namen. Der neue Leica Monopan 50 soll angeblich dem Adox HR50 entsprechen. Die Liste liesse sich fortsetzen, es bleiben aber unbestätigte Vermutungen.

So sehr es mich ärgert, wenn der Metzger die Aldi-Salami in die Auslage legt und zum 3-fachen Preis verkauft (blöder Vergleich von einem Vegetarier) – so passiert es offensichtlich auch in der Welt der Analogfilme. Aber dieses Spiel, an dem viele mitverdienen, hat in unserem Fall wirklich etwas Gutes: Es hält die Analogfotografie am Leben! Ohne Filmmaterial wären wir aufgeschmissen. Insofern ist es mir erstmal relativ egal, ob der neue Kodacolor 100 eigentlich nur der Kodak Pro Image 100 unter neuem Namen ist. Was mir genauso wie sehr vielen anderen Analogfotografen nicht egal ist: Teurer dürfen die Filme nun wirklich nicht mehr werden! Ein bunter Strauß neuer Farbfilme nützt nichts, wenn sich der Einzelpreis langsam der 20-Euro-Marke nähert.

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