In einem Foto-Forum las ich gestern einen weiteren, sehr treffenden Grund, warum sich die Beschäftigung mit der Analogfotografie lohne: Unsere heutigen Digitalkameras und Smartphones produzieren derart zuverlässig gelungene Bilder, dass es fast nicht möglich ist, Fehler zu machen. Und wir müssen es ja nicht durchdeklinieren, wie wichtig Fehler beim Lernprozess sind – wenn man mit der richtigen Fehlerkultur herangeht, hinterfragt wie es dazu kam und daraus lernt. Das ist in der Analogfotografie fast unvermeidlich, weil so viele Faktoren hineinspielen. Die Kamera ist nicht mehr 100% lichtdicht, das Objektiv hat Fungus entwickelt, der Film ist überlagert, der Entwicklungsprozess ein paar Grad zu warm, die Chemie verunreinigt oder die Belichtung liegt einfach daneben.
Wer spielerisch oder künstlerisch Analogfotografie betreibt, antizipiert oder erwartet vielleicht sogar die daraus resultierenden Bildfehler und freut sich darüber. Als Profi hat man hingegen die nötige Erfahrung, diese Fehler zu vermeiden – weil man sie früher bereits durchlebt hat.
Dennoch bleibt die (analoge) Fotografie eine große Spielwiese, auf der man so vieles ausprobieren kann. Und das macht vielleicht auch den großen Unterschied zu anderen Berufen aus – ich kann mir kaum vorstellen, dass ein Klempner mit viel Freude verschiedene Kupferrohre gegeneinander testet. Ich glaube aber, dass es für mich als Fotograf wichtig ist, mein Werkzeug sehr gut zu kennen und immer wieder zu überlegen, ob es Wege zur Verbesserung gibt. Ein anderes Objektiv, ein neuer Film? Das auszuprobieren ist für mich nicht lästig, sondern: Anlass für die Motivsuche auch bei schlechtem Wetter. Spaß am Fotografieren. Eine unerwartete Belohnung, wenn dann ein besonders schönes Motiv übrig bleibt. Eine stetige Beschäftigung mit meinem Metier.
Obwohl ich vor einiger Zeit in einem umfangreichen Test meine Lieblingsfilme identifiziert habe, kaufe ich auch immer mal Sorten, die neu sind oder die ich noch nicht kenne. Im Augenblick warten da noch Filme von Agfa Gaevert, Ferrania, Harman und Cinestill auf mich. Am Wochenende habe ich den im Frühjahr vorgestellten Kentmere Pan 200 entwickelt – ein Schwarzweiß-Film aus der Budget-Linie von Harman/Ilford. Den Film hatte ich bei verschiedenem Wetter in meiner Leica M4-P mit dem Summicron 2/50mm belichtet.
Da ich üblicherweise den Ilford FP4 als Standardfilm verwende und oft auf ISO 200 pushe, fand ich es interessant zu sehen, ob der günstigere Kentmere eine ähnliche Abbildung zeigt. Aktuell kostet der Kentmere 200 gute 6 Euro, während der FP4 fast 9 Euro kostet.
Was mir an den Ilford-Filmen FP4 und HP5 sehr gefällt, ist die eher weiche Gradation und die sehr differenzierte Tonalität. Graustufen, grade im mittleren Helligkeitsbereich, werden sehr gut unterscheidbar aufgezeichnet. Das ist auf den ersten Blick beim Kentmere 200 nicht so ausgeprägt. Entgegen häufigen Beschreibungen finde ich den Film zunächst gar nicht „punchy“, sondern eher flach. Um die mittleren Graustufen zu differenzieren, muss ich in der Postproduktion den Kontrast erhöhen, was dann insgesamt für den oft beschriebenen Look sorgt. So ähnlich gehe ich bei den Ilford-Filmen zwar auch vor, habe aber den Eindruck, dass sie eine bessere Tonwert-Separation ermöglichen.
Bewußt habe ich neben sonnigen und verregneten Motiven auch besonders kontrastreiche Szenen und Gegenlichtmotive ausprobiert. Damit kommt der Kentmere sehr gut zurecht – der Dynamikumfang ist sehr anständig und gibt in den Schatten wie den Lichtern eine sehr gute Zeichnung wieder. Im Gegenlicht und bei reichlicher Belichtung überstrahlt er aber etwas – das sieht man teilweise an den Bildrändern, die dann Licht abbekommen, obwohl sie außerhalb des belichteten Filmformats liegen.
Das Filmkorn ist gut erkennbar, aber nicht auffällig. Es wirkt harmonisch und organisch, wie ich es erwarte – nachdem ich gelesen hatte, dass in der Emulsion weniger Silberhalogenid enthalten sein soll, war ich unsicher, wie sich das auf den visuellen Eindruck niederschlägt. Ein auf ISO 200 gepushter Ilford FP4 sieht jedenfalls sehr ähnlich aus und produziert kein feinkörnigeres Negativ.
Meine Ergebnisse beziehen sich auf den von mir präferierten Entwicklungsprozess in Caffenol. Wer sich mit der Entwicklung von Schwarzweiß-Filmen auskennt weiß, dass die Bildwirkung je nach verwendeter Chemie ziemlich unterschiedlich ausfallen kann. Der Kentmere Pan 200 sieht mit Sicherheit in Rodinal, ID-11 oder XP-3 unterscheidbar anders aus. Für mich wichtig ist, dass er in „meiner“ Chemie funktioniert.
Digitalisiert habe ich den gesamten Streifen innerhalb weniger Minuten mit meinem neuen Setup, einer Lumix S5 II mit Sigma ART 105mm Macro und dem Valoi 360 Kit. Konvertiert in Lightroom mit Negative Lab Pro. Und wer bis hierhin durchgehalten hat, für den habe ich mein persönliches Fazit: Der Kentmere Pan 200 gefällt mir! Die Empfindlichkeit kann ich bei verschiedensten Lichtverhältnissen sinnvoll einsetzen (deshalb pushe ich den FP4 auch so oft auf 200 ASA). Schärfe, Auflösung, Dynamikumfang und Kornstruktur sind sehr gut. Und mit einem Preisvorteil von 3,- je Rolle gegenüber dem FP4 ist der Film mehr als adäquat bepreist. Ich werde ihn nachbesorgen und häufiger verwenden (und ausprobieren, wie er sich bei ISO 400 benimmt!).














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