Till Erdmenger – Businessfotos | Blog

Testing 1, 2, 3: Das Nifty Fifty

Keine Sorge – ich werde meinen Blog nicht zur Review-Plattform umgestalten. Auch demnächst werde ich hier hauptsächlich interessante Informationen für meine Kunden veröffentlichen, wertvolle Tipps für zukünftige Kunden aus den Bereichen der kleinen Unternehmen und Arztpraxen weitergeben und viel über den unverwechselbaren Charme von Analogfotografie schreiben.

Wie zuletzt in Bezug auf analoges Filmmaterial gilt aber auch für Kameras und Objektive: Ich fasse meinen Beruf nicht als lästige Zeitverschwendung auf, sondern brenne dafür. Es macht mir einfach unglaublich viel Spaß zu fotografieren und mich mit der Fotografie zu befassen. Also investiere ich sehr viel Zeit in dieses Thema, spiele herum, schreibe, filme, entwickle und probiere aus. Ich möchte mein Werkzeug blind bedienen können und in- und auswendig kennen.

Ich glaube, jeder Fotograf hat so seine Lieblingsbrennweite – die einen verwenden fast immer Weitwinkel, weil sie Landschaften oder Straßenszenen fotografieren. Die anderen haben immer das 85er drauf, weil sie ausschließlich Portraits schießen. Und nicht wenige entscheiden sich für ein Standard-Zoom, um flexibel zu bleiben. Das „Normalobjektiv“ hat aus diesem Grund häufig ein Altherren-Image, man braucht es eigentlich nicht. Es gilt als langweilig. Für Kleinbild ist die 50mm-Brennweite der Standard – und ich verwende sie allen Unkenrufen zum Trotz ausgesprochen gerne. Sie entspricht in ihrem Abbildungscharakter am ehesten dem menschlichen Sehen. Für mich stellt sie den idealen Kompromiss zwischen der Möglichkeit von Übersichtsaufnahmen und der Option für Ausschnitte, Details oder Portraits dar. Und ich bin gerne mit nur einem Objektiv unterwegs, wenn ich meine Projekte fotografiere. Das spart Gewicht, Zeit und Entscheidungen. Man lernt ganz anders zu sehen und sich zu bewegen, um das Motiv so zu gestalten, wie man es sich vorstellt.

Ich habe also verschiedene 50mm-Objektive hier, die ganz unterschiedlich alt und hochwertig sind. Und es interessierte mich, wie sie sich im direkten Vergleich verhalten. Da ich an meine Lumix sowohl Leica M als auch Canon FD Objektive adaptieren kann, habe ich die Riege mal durchgetauscht. Zur Auswahl standen mein geliebtes Leica Summicron-M 1:2/50mm aus den frühen 90er Jahren, ein altes Leica Summicron 1:2/50mm aus den späten 50er Jahren („Rigid“-Version), ein günstiges Canon LTM-Objektiv 1:1,8/50mm (mit LTM zu M-Adapter), das Canon FD 1:1,4/50mm und das Canon FD 1:1,8/50mm. Das neuere Summicron ist mein Standard-Objektiv auf der Leica M4-P und das FD 1,4/50er mein Standard auf den alten Canon-Bodies.

Selbst in der Übersicht wird der Qualitätsunterschied zwischen dem besten und dem schlechtesten Objektiv deutlich

Ich wählte zum einen ein typisches Testmotiv aus, einen Bücherschrank, um die Eckenschärfe vergleichen zu können. Anschließend habe ich noch eine Allerweltsszene fotografiert, weil es mich interessierte, inwieweit sich die Unterschiede bei „normalen“ Fotos überhaupt bemerkbar machen. Bei Offenblende f2 ist mein neues Summicron das beste im Feld. Bei der Eckenschärfe wird es erstaunlicherweise zum Teil vom Canon FD 1,8/50 überholt. Dieses ist insgesamt auch etwas schärfer als das Canon FD 1,4/50. Auch das FD 1,4/50 hat eine Ecke, die schärfer wirkt als mein Summicron. Vermutlich war mein Versuchsaufbau nicht exakt planparallel aufgebaut. Das 50er Rigid fällt bei f2 gegen die anderen Objektive ab, was die Schärfe angeht. Es verliert auch deutlich an Kontrast. Die beiden FD 50er verlieren nur wenig Kontrast, grade das 1,4/50 neigt aber deutlich zu Überstrahlungen von hellen Objekten, was den Schärfeeindruck mindert. Das Canon LTM ist einfach Mist – ich hatte es bereits einmal geöffnet, um deutlichen Nebel von den Innenlinsen zu beseitigen. Ob ich mir die Mühe nochmals mache, weiß ich noch nicht. Vermutlich lohnt es sich nicht.

Bei f8 ist mein 50er Summicron eindeutig der Sieger, das Summicron 50 Rigid und das Canon FD 1,4/50 liegen gleichauf und nur knapp dahinter. Das Canon FD 1,8/50 steht diesen beiden nur ganz knapp nach. Das Canon LTM 1,8/50 ist miserabel, hat einen Schleier, schlechte Kontraste, schlechte Schärfe auch in der Bildmitte. Dieses Objektiv kann ich nur experimentell einsetzen oder ich muss versuchen, es zu reparieren.

Mein Alltagsmotiv ist wetterbedingt ein Blick aus dem Fenster bei Regen (bei Blende 5,6). Die oben erwähnten Beobachtungen kann ich an den Ergebnissen wiedererkennen – allerdings muss man schon genau hinschauen. Auch hier zeigt sich, dass das Summicron in Version 4 die beste Leistung bringt, gefolgt vom FD 1,4/50mm. Das alte Summicron bleibt erwartungsgemäß etwas kontrastärmer. Das 1,8/50er Canon ist die große Überraschung – diesem günstigen Objektiv hatte ich eindeutig weniger zugetraut. Es ist aber eine hervorragende Linse. Meine bisherige Begeisterung für das 1,4/50 finde ich dennoch bestätigt und meine Faszination für das „moderne“ Summicron ist ungebrochen (auch wenn ich keinen Vergleich zu neueren APO-Modellen habe).

Was bleibt nach diesen Zeilen? Ich sehe eindeutig Unterschiede in der Qualität und weiß, welche Linsen ich vielleicht nicht mehr einsetzen werde. Ob meine Kunden die feinen Unterschiede erkennen würden – da bin ich mir nicht so sicher. Abgesehen von den katastrophalen Bildern mit dem alten Canon LTM-Objektiv natürlich.

Ich mag es einfach, wenn ich mein Werkzeug kenne und die Stärken und Schwächen nicht erst on location austesten muss. Das gibt mir Gewissheit, zuverlässig erstklassige Qualität liefern zu können. Und der Vergleich hat mir Spaß an einem verregneten freien Nachmittag bereitet 😉

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