Als kreativer Mensch hat neben der Fotografie die Musik einen hohen Stellenwert für mich. Je nach Stimmung höre ich recht unterschiedlich Stile – neben klassischer Musik des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts sehr gerne auch Jazz. Und natürlich hat mich die Popmusik meiner Jugend geprägt. Dass sich in der Musik – genauso wie in der Fotografie – immer wieder Dramen und Revolutionen abgespielt haben, ist nichts Neues. Dennoch versuche ich hier mal, gewisse Parallelen zu ziehen und die aktuellen Zerwürfnisse am KI-Abgrund einzubeziehen:
Die digitale Revolution hat Musik und Fotografie tiefgreifend verändert – doch trotz aller technologischen Umwälzungen blieb bisher die menschliche Kreativität der unverzichtbare Kern dieser künstlerischen Welten. In den 1970ern führten die digitalen Synthesizer zu einem Paradigmenwechsel in der Musikproduktion. Nachdem bereits die Hammondorgel Vorarbeit geleistet hatte, nutzten nun Musiker und Bands wie Kraftwerk, Jean-Michel Jarre oder Depeche Mode die erweiterten klanglichen Horizonte und prägten die Popmusik bis heute. Selbst in der E-Musik setzten Musiker wie Tomita synthetische Instrumente für klassische Werke ein. Mit mehreren Jahrzehnten Verspätung, Anfang der 2000er, begann auch in der Fotografie eine ähnliche Revolution durch digitale Kameras. Auch hier änderten sich Paradigmen – vor allem stand nun die Geschwindigkeit im Vordergrund, mit der Digitalfotos erzeugt, verschickt und genutzt werden konnten. Die digitale Ästhetik aus Digicam und Photoshop prägt seitdem unser Sehen. Analoge Verfahren wurden zurückgedrängt, sahen plötzlich alt aus – aber sie wurden nicht vollständig ersetzt. Manuelle Expertise, bewusste Gestaltung und das spürbare Handwerk gaben und geben diesen Künsten mehr Seele als den digitalen Pendants.
Diese Revolution in den Künsten ist selbstverständlich nicht die erste – bereits das Aufkommen der Fotografie revolutionierte den Akt der bildnerischen Darstellung. Maler befürchteten, ihre Kunst könne untergehen. Als Grammophon und Radio aufkamen, sah man durch diese Konservenmusik nachvollziehbarerweise die echte, vor Ort aufgeführte Musik in Gefahr.
Eine andere Dimension nimmt meinem Dafürhalten heute der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) ein, die zunehmend autonom Musikstücke komponiert und Bilder generiert. Es ist zutreffend, dass diese Technologie das „kreative“ Spektrum erweitert – doch dabei besteht die große Sorge, dass der Mensch als schöpferische Instanz verdrängt oder entwertet wird. Denn bislang ging jeder künstlerische Akt mit persönlicher Erfahrung, Gefühl und Intention einher. KI dagegen „lernt“ lediglich aus vorhandenen Daten, die in der Regel ohne Zustimmung der Urheber:innen genutzt werden.
Hier entstehen plötzlich zwei Fronten: Zum einen die juristische Frage, inwieweit KI-Unternehmen ungefragt und unbezahlt „Rohstoffe“ wie Fotos, Bücher oder Musikstücke mißbrauchen dürfen, um daraus profitorientierte Modelle zu erzeugen. Zum anderen die narzisstische Frage danach, wie viel der menschliche Faktor in der Kunst noch wert ist. Wenn KI-Musik und Bilder unters Volk gejubelt werden, maximiert das Konzerngewinne und macht zugleich das Produkt beliebig. Es wird für den Konsumenten wertlos. Mit KI kann das ja jeder machen. Wenn das keine künstlerische Kränkung ist!
Musikerlegende Paul McCartney hat diese Sorge eindrücklich mit einem stillen Song namens „Bonus Track“ zum Ausdruck gebracht. Der zwei Minuten lange Track, der nur Stille und Raumgeräusche aus einem menschenleeren Tonstudio enthält, ist Teil eines Protestalbums von über 1.000 Musiker:innen gegen die unkontrollierte Nutzung ihrer Werke beim KI-Training. Diese Aktion richtet sich gegen eine geplante Änderung des britischen Urheberrechts, die KI-Unternehmen erleichtern würde, geschützte Musik ohne Lizenz zu nutzen.
Zugleich tut sich auch juristisch etwas: Das Landgericht München entschied 2025, dass KI-Modelle nicht ohne Genehmigung Werke speichern und reproduzieren dürfen, da dies eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Anlass war die Tatsache, dass eine KI nicht nur Liedtexte verwurstete, sondern auch das Original ausgeben konnte. In der Fotografie ist das Thema natürlich genauso brisant. Ein Gerichtsverfahren am Landgericht Hamburg bestätigte zwar, dass unter bestimmten Bedingungen die Nutzung von öffentlich zugänglichen Bildern für ein KI Training erlaubt sein kann – aber nur, wenn keine klaren, maschinenlesbaren Nutzungsvorbehalte existieren. Zudem sei die Vervielfältigung zum Zweck von „Text und Data Mining“ nur zulässig, wenn keine kommerziellen Ziele damit verfolgt werden. Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, Urheberrechte und kreative Integrität zu schützen. In aller Konsequenz müssten die meisten KI-Modelle komplett gelöscht und auf rechtlich sicheren Füßen neu trainiert werden – dass das eine Illusion ist, ist mir natürlich klar.
Historisch betrachtet war vermutlich jede große technologische Veränderung mit Ängsten verbunden: Als das Mikrofon und das Grammophon Live-Musik ergänzten, gab es Befürchtungen, die „echte“ Musik könne verschwinden. Doch auch nach Synthesizer-Pop und der 100-Megapixel-Kamera bleiben analoge Musik und Filmfotografie glücklicherweise lebendig und erfahren seit einigen Jahren sogar eine Renaissance. Das zeigt, wie nachhaltig menschliches Schaffen und das Bedürfnis nach Authentizität sind. Wir müssen uns als Kreative dann allerdings auch an die Nase fassen und erinnern, dass unser Input weiterhin von Relevanz ist. Wenn wir resignieren und aufgeben, wird es dem einfachen Konsumenten wahrscheinlich nicht einmal auffallen. Aber es wird etwas fehlen. Und das liegt trotz aller KI-Übermacht einzig in unserer Hand!
Mein persönlicher Blick auf die KI-Entwicklung ist deshalb zwiegespalten: Die Kritik ist berechtigt, weil KI die Grundlagen kreativer Arbeit bedroht, wenn sie ungefiltert auf fremde Werke zugreift und die schöpferische Persönlichkeit in den Hintergrund drängt. Doch KI ist nun mal in der Welt und wird nicht wieder verschwinden. Sie kann uns neue Horizonte und Werkzeuge zeigen, die wir kreativ und verantwortungsvoll nutzen können. Wir mutieren vom Schöpfer zum Steuermann – jedenfalls, wenn diese verdammten Dinger endlich das tun, was wir wollen und dabei zu verlässlichen Werkzeugen werden.
Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es also, dass menschliche Kreativität und künstlerische Identität unersetzlich bleiben. Der orchestrierte Einsatz von KI kann die Grenzen des Schaffens erweitern, aber hoffentlich niemals die Tiefe und Einzigartigkeit echter künstlerischer Emotion ersetzen. Wir müssen nur daran denken, den Schutz der Urheberrechte und der kreativen Freiheit ernstzunehmen. Künstlerische Betätigung weiterhin als alternativlos zu betrachten. Und kreativer Arbeit einen adäquaten Wert beizumessen, statt in technologiebesoffener Weise die Giga-Gaga-Milliardäre weiter zu füttern.
Für die Recherche zu diesem Beitrag habe ich übrigens die KI Perplexity eingesetzt, die für mich die ein oder andere Quelle fand und Infos zusammensuchte, die ich irgendwo aufgeschnappt hatte. So kann ich mir KI als Werkzeug vorstellen. Diese Arbeitsweise ersetzt für mich aber nicht den Denkprozess und die Auseinandersetzung mit einem Thema, die zu einer eigenen Meinung führt.


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