
Mit verlässlicher Regelmäßigkeit taucht das Thema Schönheitsideal in den Medien auf, gerne wird dann auf „Magermodels“ und „Photoshop“ hingewiesen und wie unrealistisch diese Bilder seien. Auch bei Diply.com werden grade wieder Werbemotive mit Paparazzo-Schnappschüssen derselben Models gegenübergestellt. Mir missfallen bei der ganzen Kritik einige Punkte, auch wenn ich selbst ein großer Fan authentischer Fotos bin:
- Oft wird von „Foto-Tricks“ gesprochen, die die moderne Werbefotografie in ästhetischer Hinsicht präge. Fotografie ist aber in erster Linie Handwerk, gepaart mit künstlerischem Vorstellungsvermögen. Keine Magie und erst recht keine Trickserei. Begrifflich denunziert das jeden Fotografen. Tatsächlich sind allerdings vielfach Stümper mit Photoshop der Auslöser der Kritik.
- Wir sprechen hier in aller Regel von Werbefotos. Wer nach unverfälschten, ehrlichen Motiven mit „Normalos“ sucht, sollte sich mit journalistischer Fotografie, Dokumentarfotos oder Street Photography auseinandersetzen. Die Aufgabe von Werbung ist es, Aufmerksamkeit zu erregen und Dinge als besonders (schön) darzustellen.
- Einen makellos schönen Körper als Ideal zu empfinden, ist keine Schande. Ein Ideal beschreibt der Duden als „Inbegriff der Vollkommenheit“ oder als „höchsten Wert, den es zu erreichen gilt“. Ein Ideal muss sich per Definition von der Realität abheben.
- Übergewicht ist kein Schönheitsideal. Es ist – manchmal – die Folge einer Erkrankung, oft aber Ergebnis von Zügellosigkeit und unreflektierter Lebensweise. Überdies macht es unbestritten krank. Dass ein viel zu hoher Anteil der Bevölkerung fettleibig ist, macht es weder besser, noch zur Norm.
- Besonders eifrige Verfechter und „Like“-Geber solcher Kritik an geschönten Fotos haben allzu oft selbst Gewichtsprobleme. Nicht selten schwingen Neid und Schadenfreude mit, wenn dann sichtbar wird, dass auch Supermodels Cellulite haben.
- Dieselben Kritiker würden unbearbeitete Fotos ihrer selbst mindestens als „nicht gelungen“ bezeichnen. Einem Profifotografen würden sie mit Sicherheit erbost vorwerfen, Pickel, Falten und schweißglänzende Haut auf den Fotos nicht wegretouchiert zu haben.
Bei all dieser Kritik an der Kritik bin ich dennoch absolut gegen die grotesken Plastikgesichter auf unseren Zeitschriftencovers. Nicht, weil sie ein falsches Schönheitsideal erzeugten, sondern schlicht, weil sie handwerklich schlecht und billig produziert wurden.
1 Kommentar zu „Streitthema: Photoshop vs. Schönheitsideal“
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