Till Erdmenger – Businessfotos | Blog

Kinder, kommt rein – die Filmsuppe ist fertig!

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Vielleicht habe ich mich auf meinem Blog im Zusammenhang mit jungen Analogfotografen und deren Faible für trashige Fotos manchmal etwas abschätzig geäußert: Eine junge Generation von Fotofans hat in den letzten rund 10 Jahren der Analogfotografie zu einem Comeback verholfen und wir profitieren nun davon, daß es noch immer Filme zu kaufen gibt, eine ganze Reihe von Laboren entwickeln und gebrauchte Schätzchen gehandelt werden. Ich bin hoffentlich noch nicht so alt zu behaupten, früher sei alles besser gewesen. Aber ich bin mit der Analogfotografie aufgewachsen und habe sie bis ins Detail gelernt. Im Gegensatz zu vielen jüngeren Menschen – denen ich daraus gar keinen Vorwurf mache (siehe hier und hier). Um es mit einem Kalenderblattspruch zu sagen: „Breche die Regeln erst, wenn Du sie gelernt und verstanden hast“. Man kann mit dem nötigen Wissen, Erfahrung, Geduld und künstlerischem Talent perfekte analoge Fotos produzieren. Das heißt aber nicht, dass es keinen Raum für Experimente geben dürfte. Viele der interessantesten Kunstfotografien sind so entstanden, sei es durch Emulsion-Lift mit Polaroids oder free-lensing.

Eine solche Herangehensweise für unvorhersehbare, lustige und trashige Ergebnisse ist das thermisch-mechanisch-chemische Anknabbern der Emulsion, kurz: Film-Soup. Ja, Film-Suppe 😉 Dafür wird der belichtete, noch nicht entwickelte Film mit heißem Wasser, Säure, Seife, Salz oder anderen Zutaten übergossen bzw. die Filmpatrone wird darin gebadet. Nach manchen Rezepten bis zu 24 Stunden lang. Der Film sollte anschließend trocknen, bevor man ihn entwickelt. Wer das versuchen möchte, kann hier, hier oder hier nachlesen, wie es funktioniert. Und muss beachten, dass längst nicht jedes Labor diese Filme entwickelt, weil die Gefahr besteht, dass die Entwicklungs-Chemie Schaden nimmt. Eine Alternative sind bereits fertig gebadete Filme, die man noch unbelichtet kaufen kann (siehe z.B. hier).

Als ich neulich zufällig über einen Artikel zu Filmsuppen stolperte, fiel mir ein, daß ich mit einiger Wahrscheinlichkeit der unabsichtliche Erfinder dieser Technik bin. Auf einer Klassenfahrt nach Berlin im Frühjahr 1990 hatte ich meine kleine Vivitar Rangefinder-Kamera dabei, die zusammen mit einer Flasche Fanta in meinem Rucksack lag. Das Ergebnis lässt sich bereits ahnen: Durch unsanftes Abstellen zerbrach die Flasche und badete die Kamera und den eingelegten Film. Die Kamera war danach leider kaputt, den Film ließ ich dennoch entwickeln. Und habe nun die Negative herausgesucht und ein paar Scans gemacht. Voila, Film-Soup anno 1990!