Till Erdmenger – Businessfotos | Blog

Die Analyse – 4. Teil meines Filmtests

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Insgesamt 4 verschiedene niedrigempfindliche Schwarzweiß-Filme habe ich belichtet, entwickelt und gescannt – um einen für mich passenden Film zu finden, den ich als Ergänzung zu Ilfords FP4 und HP5 als Standard verwenden möchte. Den Herstellerangaben zum Trotz habe ich alle Filme in Caffenol Delta entwickelt – dies ist mein übliches Vorgehen. Gescannt habe ich die Filmrollen mit dem Reflecta RPS 10M und Vuescan als 16-Bit-Graustufen-DNGs, so wie ich es sonst auch mache. Anschließend habe ich die Dateien in Lightroom importiert, einer automatischen Tonwertkorrektur unterzogen und mit Negative Lab Pro in Positive konvertiert. Dies entspricht meinem üblichen Workflow, den ich auch für andere Scans anwende. Die einzige Abweichung von der Routine bestand darin, dass ich in NLP als Profil „Linear Flat“ gewählt habe, um eine möglichst neutrale und objektive Umwandlung zu erhalten.

Im Anschluss habe ich mir die Belichtungsreihen jedes Films und Motivs angesehen und die für mein Empfinden beste Belichtung herausgesucht. Für jeden Film habe ich somit die notwendige Belichtungskorrektur als Durchschnitt ermitteln können – bezogen auf die Standard-Entwicklung mit 12 Minuten in Caffenol Delta. Dass die Entwicklungszeit möglicherweise für den ein oder anderen Film nicht optimal ist, habe ich dabei vernachlässigt. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Filme nicht immer ihre Nenn-Empfindlichkeit erreichen (auch in Abhängigkeit vom verwendeten Entwickler). Eine zu kurze Entwicklungszeit in Kombination mit einer reichlicheren Belichtung führt zu einer sogenannten „Pull-Entwicklung“, bei der die Negative eine flachere Gradation erhalten. Grade bei niedrigempfindlichen Filmen kennt man das Problem, dass sie eher hart arbeiten – insofern ist eine weichere Tonwertabstufung in diesem Fall zuträglich.

Nach visueller Beurteilung braucht der Ilford Ortho Plus ½ Blende mehr Licht, sollte also auf ISO 50 belichtet werden. Der Adox HR 50 braucht ⅓ Blende zusätzlich, seine Empfindlichkeit in meinem Setup beträgt also ca. ISO 40. Der Ilford Pan F sollte eine ganze Blende mehr Licht bekommen, das entspricht ISO 25. Der Rollei Retro 80S verträgt eine ⅔ Blende zusätzlich, entsprechend ISO 50.

Für die folgenden Vergleiche habe ich das jeweils am besten belichtete Negativ jedes Motivs auf Films ausgewählt und gegen die anderen Filme verglichen. Alle gezeigten Fotos halten die Reihenfolge 1. Ilford Ortho Plus, 2. Adox HR50, 3. Ilford Pan F, 4. Rollei Retro 80S ein. Erstes Motiv: Das lokale Arbeitsamt. Aus der Reihe der Filme geht für mich folgende Tendenz hervor: Der Ortho Plus wirkt etwas flau, auch der Pan F zeigt eine recht weiche Gradation. Die beiden infrarotempfindlichen Kandidaten zeigen etwas sattere Schwärzen und einen höheren Kontrast, der auch als Lokalkontrast zu finden ist und den Schärfeeindruck unterstreicht. Der Adox HR 50 gefällt mir dabei auf den ersten Blick noch etwas besser als der Retro 80S. In der 200%-Ansicht kehrt sich dieser Eindruck um: Tatsächlich wirkt der Rollei noch etwas schärfer, während die beiden Ilfords ähnlich scharf aussehen. In Bezug auf das Filmkorn hat ganz deutlich der Pan F die Nase vorn.

2. Motiv: Dunkler Wald. Das Spiel wiederholt sich hier: Ortho Plus etwas flau, HR50 und Retro 80S knackig, der Pan F recht neutral. Ich meine mir einzubilden, dass man bei diesen Aufnahmen erkennen kann, dass Adox und Rollei das Laub eine Spur heller abbilden als die beiden anderen Aspiranten. Während der Pan F ein wunderschön feines und recht homogenes Korn hat, zeigen die anderen 3 Filme eine deutliche Körnigkeit. Unabhängig von Einflüssen wie möglicherweise falscher Scharfeinstellung und Verwacklung überzeugt der Rollei mit dem besten Schärfeeindruck, vor HR50 und Pan F.

Als nächstes habe ich ein hübsches Haus in meiner Nachbarschaft fotografiert, als mal kurz die Sonne herauskam. Auch hier komme ich zu den gleichen Ergebnissen: Der Pan F führt bei der Feinkörnigkeit, der Rollei ist noch minimal schärfer als der Adox und der Ortho Plus gefällt mir nicht besonders.

Das für mich vielleicht wichtigste Motiv ist das Studioportrait – im Grunde ist diese Aufnahmesituation der Auslöser gewesen, weshalb ich nach einem niedrigempfindlichen Film gesucht habe. Mit dem Studioblitz steht genug Licht zur Verfügung, ich kann es beliebig formen und möchte in dieser Situation „saubere“ Bilder haben. Mit dem leichten Tele brauche ich Blendenwerte um 5,6 bis 8, um eine Person scharf abzubilden – es sei denn, ich möchte ganz bewußt mit viel Unschärfe („Bokeh“) arbeiten. Das lässt sich mit höherempfindlichen Filmen manchmal gar nicht realisieren, weil die Leistung der Blitzgeräte nicht weit genug reduziert werden kann. Alternativ lässt sich die Lichtquelle natürlich vom Portraitierten entfernen, damit ändert sich aber auch die Lichtqualität und Ausleuchtung. Mit der Wahl der Testfilme war ich allerdings mutig: Wer würde schon einen orthochromatisch sensibilisierten Film für Portraits benutzen? Die Unterschiede der 4 Filme sind bei diesem Motiv deutlich zu sehen: Der Ortho Plus stellt die Gesichtshaut dunkler dar, weil er den Rotanteil nicht sehen kann. Die beiden superpanchromatischen Filme hingegen zeichnen die Haut eher heller, weil sie auch alle infraroten Bestandteile des reflektierten Lichts registrieren. Außerdem werden die roten Lippen heller dargestellt. Im Überblick gefällt mir daher der Pan F am besten – er kommt der gewohnten Sehweise am nächsten. Der HR50 zeigt zwar eine etwas hellere Haut, arbeitet aber weich genug, um ein schönes Bild zu erzeugen. Der Rollei hingegen wirkt für das Portrait zu hart und kontrastreich. Eindeutiger Sieger ist hier der Pan F, der mit seiner Feinkörnigkeit, Detailreichtum und Schärfe überzeugt. Dagegen wirken Adox und Rollei wie Kornwüsten, obwohl sie ebenfalls eine recht hohe Schärfe liefern. Dem Ortho Plus kann man immerhin zugestehen, dass er eine recht angenehme Körnigkeit zeigt.

Da ich neugierig auf das Thema Infrarotfotografie war und immerhin zwei Kandidaten die nötigen Fähigkeiten mitbringen, habe ich versucht, im Spätherbst bei starker Bewölkung und Nieselregen ein passendes Motiv zu finden. Eine Wiese mit Bauernhaus im Nebel war das beste, was ich auftreiben konnte 😉 Ich muss zugeben, dass ich mich nicht sonderlich ausführlich vorbereitet hatte, sondern lediglich davon gehört hatte, dass ich die gemessene Belichtung um 6—7 Stufen verlängern müsste. Auf die Besonderheit beim Fokussieren gehe ich jetzt nicht näher ein, die Ergebnisse zeigen aber ganz klare Unterschiede zwischen den Bildern, die das sichtbare Spektrum darstellen und jenen, die lediglich infrarotes Licht aufgezeichnet haben. Mir scheint allerdings die pauschale Vermutung, man solle +6 Stufen überbelichten, nicht ganz zutreffend. Keine Aufnahme aus den Belichtungsreihen hat mich überzeugt, jene die – ausgehend von der korrigierten Belichtungszeit – um ½ Blende unterbelichtet waren, machten noch den besten Eindruck. Das Motiv war undankbar, überzeugt mich aber am ehesten auf Pan F. Hier überzeugen Körnigkeit und Schärfe. Die beiden IR-Filme sind hier unglaublich grobkörnig, darunter leidet die Detaildarstellung. Warum ein vermeintlich überbelichtetes Negativ derartig grobkörnig wird, erschließt sich mir allerdings nicht – dieses Phänomen kennt man eher von unterbelichteten Bildern. Der Rollei scheint wieder eine Spur knackiger abzubilden, was dem Eindruck guttut. Der Ortho Plus zeigt sich auch hier derartig flau, dass man auf dem Bild fast nichts erkennt.

Ein Motiv ganz im Stil meiner geliebten minimalistisch-reduzierten Fotoprojekte fand ich am Kreishaus. Trotz trüben Wetters versprach es ordentliche Kontraste. Visuell gewinnt hier erneut der Pan F, der die Kontraste am schönsten darstellt. Knackig, ohne Details zu verlieren. Der Ortho zeigt hier erneut seine flache Gradation, die in diesem Fall nicht ganz so stört. Der Adox wirkt am kontrastreichsten, allerdings verliert er dabei Zeichnung in den Lichtern. Bei diesem Motiv erstaunt mich der Rollei, der sonst zu harten Kontrasten neigte – hier wirkt er eher flau.

Bei diesem Motiv war ich mir nach der Belichtungsreihe auf dem Pan F nicht sicher, ob ich korrekt fokussiert hatte. Ich habe deshalb die Reihe auf Pan F erneut belichtet – unnötigerweise, wie sich später herausstellte. Daher blieb mir auf dem Pan F für das letzte Motiv nur noch 1 Belichtung. Dies hatte ich allerdings nicht beachtet und habe deshalb lediglich die um -½ Blende korrigierte Version auf Pan F. Alle anderen Filme konnte ich mit der kompletten Belichtungsreihe aufnehmen. Die Farbkarte zeigt ganz gut die Tonwertabstufungen, während die Zeichnungen im Hintergrund die Detailauflösung erahnen lassen. Mir fällt auf, dass Adox und Rollei, beides Filme mit technischem Hintergrund, hier gute Arbeit leisten und die feinen Linien im Buch kontrastreich wiedergeben. Das Weiß des Papiers wird bei beiden Filmen heller wiedergegeben als bei den Ilford-Filmen. Beim Pixel-peeping zeigt sich, dass der Ortho Plus eine erstaunlich schöne Detailauflösung hinbekommt, während der Pan F aufgrund seiner Feinkörnigkeit die Nase vorn hat. Die beiden anderen Filme verlieren aufgrund der starken Körnigkeit Detailreichtum. Die superpanchromatische Sensibilisierung bei HR50 und Retro 80S erkennt man deutlich an der helleren Wiedergabe von Magenta (2. Reihe, 2. Feld von oben) und Rot (2. Reihe, 4. Feld von oben).

Weil diese (rein subjektive, unwissenschaftliche) Analyse bereits recht umfangreich geworden ist, spare ich mir einige weitere Gedanken, Überlegungen und mein Fazit für einen weiteren Beitrag auf. Bleiben Sie dran 😉

Antwort auf „Die Analyse – 4. Teil meines Filmtests”.

  1. Das Resümee – 5. Teil meines Filmtests – Till Erdmenger – Businessfotos | Blog

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